Inmitten des Untergangs erhebt sich ein zweiter Nadir, der dem bereits vergessenen Land wieder Auftrieb geben sollte.
Reza Chan, einem persischen General, gelingt es nach einem Putsch, das Land unter seine Kontrolle zu bringen. Zunächst als Verteidigungsminister, später als Kanzler, schlägt er die Aufstände im Land nieder, sorgt für Sicherheit und Wohlergehen. Seine Machtübernahme erfolgt anfangs sicherlich mit der Duldung und zeitweiliger Unterstützung der Briten, die in ihm eine Marionette sehen wollen. Doch mit seinen ersten Erfolgen und steigender Beliebtheit befreit er sich rasch von der englischen Vormundschaft. Sein Versuch Iran 1923 in eine Republik umzuwandeln, scheitert vor allem am Protest der Geistlichen, die in der Republik eine ernsthafte Gefahr für ihre Macht sehen. 1925 folgt die längst überfällige Absetzung der Kadjarendynastie durch das Parlament (sogar Kadjarenprinzen stimmen dafür). Mit der Krönung des neuen Shahs, Reza Shahs, beginnt eine große Welle von Reformen und Umwälzungen. Mit unermüdlicher Kraft macht er sich an den Aufbau und an die Modernisierung des Landes. Alles vom Rechts- und Steuerwesen, Schulsystem bis hin zum Militär wird erneuert.
Den Versuch der Briten, nachdem sie die Hoffnung, ganz Iran unter ihre Herrschaft zu reißen, aufgeben mußten, die iranische Erdölprovinz Chuzistan unter dem Vorwand des Selbstbestimmungsrechtes der Bevölkerung zuannektieren, begegnet er mit Härte. An der Spitze seiner Truppen zerschlägt er die pro-englischen Kräfte. Dieser erste außenpolitische Erfolg stärkt ihn im Widerstand gegen die englische Aggressionspolitik.
Seine 16jährige Regentschaft verleiht Iran sein modernes Angesicht. Seine Leistungen zur Modernisierung des Staatsapparates, der Erschließung des Landes (z. B. Bau der Transiranischen Eisenbahn), Aufbau neuer Industrien und Hochschulen (1935 Universität von Tehran), bilden die Grundlagen für die Weiterentwicklung Irans. Doch all diese Errungenschaften müssen unter großen Lasten und durch hohe Steuern finanziert werden. Dies in einer Zeit, in der die Briten die reichen Ölfelder Südirans ausbeuten.
Reza Shah d.Gr. (links im Bild) und Ataturk (rechts im Bild)
1932 versucht der Shah vergeblich, nach dem Ablauf der ersten Ölkonzessionen einen Vertrag mit besseren Konditionen mit den Briten auszuhandeln. Doch mit militärischen Druck zwingen die Engländer 1933 den Iran zu neuen ungleichen Verträgen. So ist es nicht verwunderlich, daß der wachsende iranische Nationalismus und die Englandfeindlichkeit im Iran das Land im mehr in Richtung Deutschland bewegt. Insgesamt steht Reza Shah für eine entscheidende Wende des Irans von einem geschwächten und zersplitterten Staat zu einem stabilen und international geachteten Land.
Gleichzeitig bedeutet seine Herrschaft aber auch das Ende des iranischen Parlamentarismus. Zwar ist der Iran formal weiterhin eine konstitutionelle Monarchie; dem Parlament fehlt aber jedes Lebenszeichen früherer Tage.Die kurze Freiheitsperiode unter Ahmad Shah hat große und fähige Demokraten hervorgebracht, die man nun in der neuen Pahlawi Dynastie missen sollte.
Dem Shah gelingt es, noch einmal den Engländern nach ihrer Niederlage in Dünkirchen seinen Willen aufzuzwingen, in dem er auf die Auszahlungen der seit Jahren ausgebliebenen Gewinnanteile am iranischen Erdöl drängt. Aber der Einmarsch der Alliierten, USA, UdSSR und Großbritannien im neutralen Iran am 25.Aug.1941 beendet seine Herrschaft. Der Shah wird nach Südafrika verbannt und Iran wird wieder einmal zum Spielball seiner alten Nachbarn. In vier Jahren der Besatzung, die für die Iraner größte Demütigung und Armut bedeuten, gilt der Iran als die wichtigste Verbindung zur militärischen Versorgung der UdSSR. Obgleich sich die allierten Mächte in der Konferenz von Teheran 1943 zur Wahrung der territorialen Integrität verpflichten, zögern nach dem Krieg die UdSSR und GB mit der Räumung Irans. Während die Russen mit Hilfe der kommunistischen Partei Irans (Tudeh) die Annexion Azarbaijans und Kurdistans erzwingen wollen, schielen die Engländer auf die Erdölprovinzen Südirans.
Es ist wohl Freundschaft der Amerikaner, der Unnachgiebigkeit des jungen Shahs und des Patriotismus des azerbaijanischen Volkes zu verdanken, daß ein 1907 nicht wiederholt wurde. Während der iranische Kanzler Kawam sich in seinen eigenen außenpolitischen Zuge verfängt, marschiert Mohammad Reza Shah an der Spitze der iranischen Armee in Azarbaijan, wo er von der Bevölkerung begeistert empfangen wird. Der Rückzug wird den Sowjets dadurch erleichtert, daß die Regierung ihnen zu nächst Ölkonzessionen im Norden Irans einräumt. Doch nach dem Rückzug der Sowjets erklärt das Parlament die Konzession auf Grund eines früheren Gesetzes für ungültig (das Gesetz wurde von dem iranischen Patrioten Mossadegh eingeführt und verbot jegliches Erdölabkommen mit ausländischen Mächten zu Zeiten der Besatzung).
Das wichtigste politische Thema nach 1946 ist die Erdölfrage. Während dem Iran wichtige finanzielle Mittel für die Entwicklung fehlen, verzeichnen die Briten Milliarden Einkünfte aus dem iranischen Erdöl. So nähert sich der Iran immer mehr den USA, in der Hoffnung, sie zum Beistand gegen die Ausbeutepraktiken der Briten zu gewinnen.Diese Bestrebungen finden ihren Höhepunkt in der Verstaatlichung der iranischen Erdölindustrie 1951unter dem populären Ministerpräsidenten Dr. Mossadegh.
Mohammad Reza Shah Pahlawi
Aryamehr Shah-an-Shah e Iran
Die Briten beantworten diese Aktion mit einer Wirtschaftsblockade und bringen den iranischen Staat und seine Bevölkerung an den Rand der Existenz. Dr. Mossadegh bittet das Volk um beistand und dank seiner Beliebtheit übersteht seine Regierung bis 1953 diese schwere Wirtschaftskrise. Auch die USA bringen Mossadegh lange Zeit Sympathien entgegen, unterstützen ihn und bieten sich als Vermittler an. Doch die Briten reagieren rasch. Sie unterstützen die kommunistische Partei Irans ( Tudeh), die in dem wirtschaftlichen Zustand ihre Chance zur Machtübernahme sieht.
Die zunehmende Präsenz der Kommunisten in der Öffentlichkeit verschreckt die verbündeten Mossadeghs den Shah, die Geistlichen, den Adel und vor allem die USA; die zunehmend von den Briten zur Aktion überredet werden. Als der Shah am 16.08.1958 nach einem vergeblichen Versuch Mossadegh abzusetzen aus dem Iran flieht, treten die Amerikaner in Aktion. Sie nutzen ihren Einfluß in der iranischen Armee zu einem Militärputsch. Der Putsch wird vom US Geheimdienst CIA unter der Leitung der CIA-Agenten Kermit Roosvelt (Sohn des früheren US Präsidenten) und Norman Schwarzkopf durchgeführt. Am 19.08.1953 besetzen die Shah treuen Truppen unter der Führung General Zahedi Teheran. Mossadegh wird verhaftet und später des Hochverrats angeklagt.
Vierzig Jahre später berichten amerikanische Quellen wie folgt :
"In 1953, the agency (CIA) plotted with Iranian Army Officers to overthrow the popularly elected government that had taken possession of the rich oil resources long exploited by Britain. Fearing a precedent that might jeopardise Western oil interests in the Middle East, the CIA secretly returned the deposed Shah of Iran to power and restored the oil wells to British firms. As a result, the United States gained a loyal ally on the Soviet border....."
Eigene Übersetzung
"Im Jahre 1953 bereitet der amerikanische Geheimdienst CIA mit Offizieren der iranischen Armee den Sturz der demokratisch gewählten iranischen Regierung vor. Diese hatte die reichhaltigen Erdölfelder verstaatlicht, die lange von den Briten ausgebeutet wurden. Aus Furcht, dies könne als Präzedenzfall die Erdölinteressen der westlichen Staaten im mittleren Osten gefährden, führt der CIA heimlich den gestürzten iranischen Shah wieder an die Macht , und die britischen Firmen erhalten ihre Erdölquellen zurück. So gewannen die USA einen loyalen Verbündeten an der sowjetischen Grenze..."
Auszug aus "The Enduring Vision"- Die Geschichte Amerikas 3th edition
Durch den Umsturz gelangt der Shah wieder an die Macht. Doch von nun an fühlt er sich immer mehr den Amerikanern und Engländern verpflichtet und beugt sich immer mehr ihrem Willen. Die Verstaatlichung der iranischen Erdölindustrie wird faktisch revidiert und der Einfluß der Europäer in Iran wieder vergrößert. Es ist vor allem das Ende der iranischen Demokratie. (Auffallend ist, daß gerade Staaten, die auf ihre Demokratie so stolz sind diese Enwicklung in Iran nachhaltig verhindert haben) Hatte der Shah bis jetzt die Freiheit des Volkes und die parlamentarische Verfassung respektiert, nimmt er nach dem Putsch immer mehr diktatorische Züge an.
Er strebt eine radikale Verwestlichung und Industrialisierung Irans an ohne auf die Traditionen des Landes Rücksicht zu nehmen. Die 1963 vom Shah, durch Drängen der Amerikaner, ausgerufene Weiße Revolution und die damit beinhaltenden Bodenreform, ruiniert die iranische Landwirtschaft. Der Adel, bis dahin eine wichtige Stütze der Monarchie, wird entmachtet und gedemütigt. Als der Shah auch gegen die ihm bis dahin loyalen schiitischen Geistliche vorgeht, kommt es zu Unruhen im ganzen Land. Der Führer des Widerstandes, Ayatollah Chomeini, wird aus dem Iran ins türkische und später irakische und französische Exil verbannt.
Stadtbild von Tehran
Doch diese politischen Ereignisse treten angesichts des enormen wirtschaftlichen Aufschwungs im Iran zunächst in den Hintergrund. In den 60er und vor allem in dem 70er Jahren kommt der Iran durch die steigende Gewinnbeteiligung des Landes an der Erdöl Industrie und später durch den steigenden Erdölpreis zu einem enormen Wirtschaftswachstum.
"Kaiserliche Majestäten ! Wir Deutschen sind stolz darauf, für den in aller Welt bewunderten Aufstieg des Iran einen wirksamen Beitrag zu leisten. Mit bewundernswürdiger Tatkraft und Zielstrebigkeit haben sie, Kaiserliche Majestät, die wirtschaftliche Entwicklung voran getrieben. Niemand, der die Geschichte des Iran kennt, kann leugnen, daß es große soziale Fortschritte gibt."
Ansprache des Bundespräsidenten Walter Scheel in Teheran (April 1978)
Der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Zeit, die den Iran innerhalb kürzester Zeit vom Agrarstaat zur Industriellen Großmacht katapultieren sollte, hinkt die politische Entwicklung weit hinterher. Der Shah hatte es versäumt, rechtzeitig politische Reformen durchzuführen, die den Erfordernissen einer solchen komplexen Gesellschaft hätten gerecht werden können. Weiterhin besessen von der Idee, innerhalb dieses Jahrhundert den Iran zu einer der führenden Wirtschaft- und Militärmächte der Welt zu avancieren, endet in der Revolution von 1979.
Meidane Shahjad
Bereits 1978 beginnen die ersten Demonstrationen im Iran. Doch diese bürgerliche Protestbewegung, die vor allem nach mehr Demokratie und politischer Freiheit strebt, wird zunehmend durch islamische Gruppen, aber vor allem durch Einflüsse aus dem Ausland radikalisiert. Es sind die zahlreichen iranischen Studenten, die im Westen durch allgemeine Studentenbewegungen mit revolutionären Ideen überladen, die Aggression und Gewalt im Iran schüren. Auch gerät der Shah immer mehr unter den Druck der ausländischen Medien. Allen voran die englische BBC, die als Sprachrohr der iranischen Opposition den Shah mit Kritik und Verleumdungen bombadiert. Der Shah, der in erster Linie auf sein Ansehen im Ausland bedacht ist, versäumt es rechtzeitig einzulenken. Seine nachgiebige Haltung ermutigt immer weitere Kreise zum Widerstand. Als der Shah am 16.01.1979 Teheran verläßt, endet die Herrschaft der Pahlawiden. Er hatte all die Jahre die Macht dermaßen in seinen Händen konzentriert, daß nach ihm niemand mehr seine Rolle übernehmen konnte.
1979: Großdemonstrationen , Protestaktionen in Iran; Beginn der islamischen Revolution.
16.01.1979: Shah Mohammad Reza Pahlawi verläßt den Iran
01.02.1979: Ajatollah Chomeini kehrt nach Iran zurück
01.04.1979: Ausrufung der islamischen Republik Iran
04.11.1979: Gefangennahme von US Bürgern in der US-Botschaft
27.07.1980: Tod des Shah Mohammad Reza Pahlawi
17.09.1980:Irakische Truppen greifen die iranische Provinz Chuzistan an.
Jan 1981: Freilassung der US-Geiseln
1984 Die Großmächte Ost und West begegnen die Überlegenheit der iranische Armee mit
Wirtschaftsembargos und massive Unterstützung des Iraks.
1986 Durch den Flächeneinsatz von Giftgas stoppt der Irak die iranischen Offensiven
1987: die USA greift in Kampfhandlungen ein und zerstört ein Großteil der iranischen
Marine.
26.10.1987: die USA verhängt ein totales Wirtschaftsembargo über Iran
20.08.1988: Waffenstillstand zwischen Iran und Irak
03.06.1989: Tod Ayatollah Khomeinis
04.06.1989: Wahl Rafsandjanis zum Präsidenten der Republik
Juni 1990: Erdbeben in der Provinz Gilan und Zandjan, mehr als 40.000 Menschen sterben
25.05.1997: mit überraschend deutlicher Mehrheit gewinnt der ehemalige Kulturminister
Zayed Chatami die Wahlen zum neuen iranischen Präsident.
Autor: Arash Moghaddam Alvandi